Dienstag, 21. August 2007

Mit Fischen gegen die Tiger-Mücke



Video "Dengue mosquito, known as Aedes aegypti" bei "Youtube"

Denguefieber-Epidemie in Kambodscha / Frühe Regenzeit überrascht die Behörden

Von Robert Luchs

Wie kaum in einem anderen Jahr zuvor wird Südostasien von Katastrophen aller Art heimgesucht: Einer der Gründe dafür ist der ungewöhnlich frühe Beginn der Regenzeit, die bereits im Mai eingesetzt hatte und für wiederholte Überschwemmungen großer Landstriche verantwortlich ist. Experten sind sich einig, dass die Verschiebung der Regenzeit wiederum mit dem Klimawandel zu tun hat, hervorgerufen durch eine wachsende Belastung der Atmosphäre mit Schadstoffen und dem ungebremsten Raubbau am Tropenwald. Am schlimmsten betroffen war – und ist immer noch – der indische Subkontinent, aber auch Teile Chinas, Vietnams und das häufiger als früher von tropischen Wirbelstürmen heimgesuchte Kambodscha.

Kambodscha erlebt darüber hinaus in diesem Jahr eine Denguefieber-Epidemie, wie sie in diesem, aber auch in benachbarten Ländern etwa alle sechs Jahre auftritt. Auffallend ist dabei, dass die Intensität der gefährlichen Krankheit von Zyklus zu Zyklus zunimmt. Mitte August waren nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Phnom Penh bereits rund 400 Menschen an Denguefieber gestorben – bei rund 30 000 Erkrankungen. Es sind zumeist Kinder, die an der Viruserkrankung sterben, weil sie zum einen weniger widerstandsfähig sind, und Erwachsene in der Regel bereits einmal in ihrem Leben dem Virus ausgesetzt waren und damit weitgehend immun sind. Weltweit erkranken rund 50 Millionen Menschen an Dengue.

Das Fieber wird durch eine Mücke (Aedes aegypti) übertragen, die wegen ihrer ungewöhnlichen Größe von den Kamboschanern „mu klaa“ oder Tigermücke genannt wird. Sie ist am Tag aktiv und dann besonders kurz nach Sonnenaufgang und einige Stunden vor Sonnenuntergang. Aedes brüten in kleinen Wasserpfützen und haben einen Flugradius von rund 200 Meter. Eine einmal von dem Virus infizierte Mücke bleibt dies für immer, sie infiziert auch ihre Eier und damit ihre gesamte Nachkommenschaft. Dies erklärt auch, dass die Epidemie sich rasant ausbreiten kann, wenn es nicht gelingt, die Insekten nachhaltig zu bekämpfen.

Die Krankheit hat eine verhältnismäßig kurze Inkubationszeit von drei bis sieben Tagen und bricht dann mit hohem Fieber und starken Kopfschmerzen aus, wobei der Schmerz direkt hinter den Augen am heftigsten ist. Hinzu kommen Muskel- und Gelenkschmerzen; die akute Erkrankung klingt in der Regel nach zehn Tagen ab, dann allerdings können Hautausschläge auftreten und – nach etwa drei Monaten – erfolgt eine depressive Phase. Da der gesundheitliche Allgemeinzustand kambodschanischer Kinder sehr zu wünschen übrig lässt, sind die Folgen der Mückenstiche für sie besonders schwerwiegend.

Es gibt bis heute keinen Impfschutz gegen Dengue und, im Gegensatz zur Malaria, auch keine Medikamente. Daher sollten Reisende sich mehrfach am Tag mit Mückenschutz eincremen oder sprayen. Den Bürgern in Kambodscha rät das Gesundheitsministerium, ihre Häuser und Hütten mit Fliegengittern abzudichten und dafür zu sorgen, dass die Mücken keine Brutplätze rund um die Häuser finden können. Besonders auf dem Land lassen die Kambodschaner daher auch tagsüber unter den Tischen Spiralen brennen, die die gefährlichen Insekten vertreiben sollen.

Vieles deutet darauf hin, dass die kambodschanischen Behörden in diesem Jahr nicht ausreichend auf die Epidemie vorbereitet gewesen sind. Anscheinend wurden sie von der frühen Regenzeit schon im Mai überrascht; sonst setzen die tropischen Regenfälle erst im Juni ein. Als die Maßnahmen anliefen, waren bereits viele Menschen gestochen worden. Duong Socheat, Direktor des auch für die Bekämpfung von Denguefieber zuständigen nationalen Malaria-Zentrums, teilte mit, dass in 19 Provinzen des Landes rund 50 Tonnen an Chemikalien zur Bekämpfung der Mücke verteilt worden seien. Wegen des anhaltenden Regens sei aber etwa die gleiche Menge erforderlich.

Die deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) hat die Notmaßnahmen mit 50 000 Dollar unterstützt. Hilfe erwarten die kambodschanischen Behörden ferner von der Weltgesundheitsorganisation, vom Internationalen Roten Kreuz und von der Weltbank. Auf der Suche nach Alternativen zur Abwehr der Krankheit haben die Kambodschaner in einem Pilotprojekt in mehreren Dörfern in der Provinz Kompong Speu Guppies ausgesetzt. Die kleinen bunten Fische – die Kambodschaner nennen sie „Sieben-Farben-Fische“ – können bis zu hundert Larven täglich vertilgen.

Die Gesundheitsbehörden planen inzwischen, die nur wenige Zentimeter großen Fische in allen Provinzen einzusetzen. „Das ist eine sehr wirkungsvolle und vor allem preiswerte Methode,“ so Duong Socheat. Außerdem zeigten sich die Überträger des Denguefiebers zunehmend resistent gegen die bislang eingesetzten Chemikalien. Nun muss nur noch die misstrauische Bevölkerung von der Guppy-Methode überzeugt werden.

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