Mittwoch, 10. Oktober 2007
Weblog informiert über Fossilien aus Solnhofen
Video "Fossielen zoeken" (Fossilien suchen in den Solnhofener Plattenkalken) bei Youtube
http://www.youtube.com/watch?v=TRVHQzt93fY
Solnhofen / Eichstätt (natur-und-umwelt) - Fossilien aus den Solnhofener Plattenkalken werden im Weblog "Fossilien aus Solnhofen" in Wort und Bild vorgestellt. Dabei handelt es sich um Pflanzen und Tiere (vor allem Insekten, Krebse und Fische) aus der späten Jurazeit vor etwa 150 Millionen Jahren. Das Weblog ist unter der Adresse http://fossilien-aus-solnhofen.blogspot.com zu finden. Besonderer Clou: All diese Fossilien können bei Gefallen gekauft werden, weil der Besitzer seine Sammlung verkleinern will.
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Wie die bis zu 60 Meter mächtigen, heute mehr als 500 Meter über dem Meeresniveau liegenden Plattenkalke im Raum Solnhofen und Eichstätt entstanden sind, ist bislang umstritten. Fest steht nur, dass die Plattenkalke in einem ‑ geologisch gesehen ‑ kurzen Zeitraum abgelagert wurden. Der Berliner Geologe Karl Werner Barthel schätzte 1978, dass die Bildungsdauer höchstens 500.000 Jahre betrug, da die Veränderungen zwischen Beginn und Ende der Ablagerungen etwa einer halben Ammonitenzone entsprechen. Unter dem Begriff Ammonitenzone versteht man das in Gesteinsschichten dokumentierte Vorkommen einer Ammonitenart. Im Oberjura zur Zeit der Ablagerung der Solnhofener Schichten kann eine Ammonitenzone nur mit etwa einer Million Jahre veranschlagt werden.
Mit Sicherheit hat sich der Boden der Solnhofener Lagunenzone ständig gesenkt und damit Platz für stets neue Lagen von Kalkschlamm geschaffen. Sonst wäre die flache Lagunenzone bald von Schlamm übergelaufen und ausgetrocknet. Unter der Last der vielen aufeinanderfolgenden Schichten verfestigte sich der Schlamm später immer mehr zu einem Gestein, dem Plattenkalk, dessen plattige Absonderung heutigen Betrachtern jeweils einen Blick auf die ehemalige Schichtfläche gewährt.
Die hellen Gesteine enthalten sowohl Überreste von Meerestieren, wie Quallen, Ammoniten, Tintenfischen, Krebsen, Fischen, Fischsauriern und Meereskrokodilen, als auch von Landbewohnern, wie Libellen, Heuschrecken, Schmetterlingen, Echsen, Flugsauriern und Ur‑Vögeln. Dieses Nebeneinander deutet darauf hin, dass das Ufer nicht allzu weit entfernt gewesen sein kann.
Früher wurde die mittlerweile als überholt geltende Theorie vertreten, die Lagunenzone von Solnhofen sei hin und wieder trockengelaufen. Demnach wären die Meerestiere umgekommen, weil sie ohne Wasser nicht existieren konnten. Doch hierfür liegen keine Indizien wie etwa Trockenrisse in den Schichtflächen vor.
Als realistischer, aber nicht unumstritten, gilt die Theorie von Karl Werner Barthel. Er sah in tropischen Wirbelstürmen die Ursache für die Entstehung der Solnhofener Plattenkalke. Demnach sollen Taifune südlich der Korallenriffzone im Donauraum des Jurameeres den Kalkschlamm aufgewirbelt haben, der sich ursprünglich unter Mitwirkung von Mikroorganismen gebildet hatte. Fein verteilte Schwebeteilchen seien dann als Trübestrom in die Wannen bei Solnhofen und Eichstätt hereingedrückt worden. Die winzigen Partikel hätten sich abgesetzt und Kalklagen gebildet. Schon ein einziger starker Sturm pro Jahr oder wenigstens alle paar Jahre hätte ausgereicht, um innerhalb einer verhältnismäßig kurzen geologischen Zeitspanne die heute vorhandenen mächtigen Schichtpakete entstehen zu lassen.
Nach Auffassung von Barthel trug die starke Verdunstung in den zeitweise vom offenen Meer durch Riffe abgeschirmten Wannen zur Bildung von stark übersalzenem Wasser bei. Der Geologe vermutete zudem die Existenz eines lebensfeindlichen Schwefel-Wasserstoff-Milieus (wofür jedoch laut Günter Viohl vom Eichstätter Jura‑Museum zumindest im Raum Solnhofen und Eichstätt keine Anhaltspunkte vorliegen).
Nach Ansicht Barthels wanderten innerhalb kurzer Zeit jeweils Meerestiere in die Lagunenzone ein, wenn dort normale marine Bedingungen herrschten, nachdem Niederschläge der Salzgehalt erträglicher gemacht hatten. Diese Tiere starben dann, wenn sich innerhalb weniger Monate die Lebensverhältnisse wieder rapide verschlechterten. Eine Rückkehr ins rettende offene Meer war meist nicht mehr möglich, weil die Fische oder andere durch Stürme eingedriftete Lebewesen in dem unruhigen Relief keinen Ausweg mehr fanden und vermutlich dafür schon zu geschwächt waren.
Der Paläontologe Helmut Keupp von der Ruhr‑Universität Bochum stellte nach umfangreichen rasterelektronenmikroskopischen Untersuchungen von Solnhofener und Eichstätt( Plattenkalken fest, dass die tonhaltigen Lagen (Fäulen) wie die kalkigen Lagen (Flinze) aus Packungen von Hohlkugeln aufgebaut sind, die aus Kalzitkristallen bestehen. Keupp deutet die Hohlkugeln als von Blaugrünalgen geschaffene Bildungen. Diese Blaugrünalgen waren Organismen, die im stark übersalzenen Wasser der Wannen ideale Lebensbedingungen vorfanden, während alle anderen Organismen keine Existenzgrundlage besaßen.
Keupp vermutet, die Kalkablagerungen im Raum Solnhofen und Eichstätt seien an Ort und Stelle durch dort lebende Organismen gebildet und nicht erst durch Stürme herbeitransportiert worden. Er schreibt Monsunen, eventuell verbunden mit starken Niederschlägen, lediglich eine periodische Wasserumwälzung zu, bei der durch den Zutritt von Süßwasser in den übersalzenen Wannen kurzfristig marine Bedingungen entstanden. Nun konnten Meerestiere wie die einzelligen Foraminiferen, Schlangensterne und langarmige Krebse (im Volksmund "Schnorrgackel" genannt) und viele andere Tiere einwandern. Diese Tiere behaupteten sich in den Wannen aber nicht lange. Als erste starben jene Organismen, die sehr empfindlich auf Salzgehaltsänderungen reagieren wie die kleinen freischwimmenden zehnarmigen Haarsterne (Saccocomen). Ihr gehäuftes Vorkommen auf den Schichtflächen im Raum Eichstätt spricht für ein plötzliches Absterben durch Schwankungen des Salzgehaltes.
Das Wasser in den Wannen der Lagunenzone von Solnhofen dürfte einst strahlend blau ausgesehen haben, so wie heutige Gewässer in der Südsee herrlich blau leuchten. Die Pflanzenweit aus dem Meer und vom Ufer ist nur spärlich dokumentiert. Gefunden wurden bisher Algen (Tange), Farne, Nadelholzgewächse (Araucarien, Taxaceen und Zypressenähnliche) sowie ginkgoartige Gewächse.
Solnhofener Plattenkalke kommen nicht nur in der Umgebung des kleinen Altmühlortes vor, der ihnen den Namen gab, sondern in einem Gebiet von etwa 70 Kilometer Länge und maximal 30 Kilometer Breite. Das Vorkommen erstreckt sich von Monsheim im Westen bis nach Kelheim im Osten und reicht von der Donau im Süden bis über die Altmühl hinaus nach Norden.
Schon die alten Römer verwendeten vor mehr als eineinhalbtausend Jahren Solnhofener Gestein für den Bau des Limes. Die Fossilien wurden 1546 erstmals von dem sächsischen Arzt und Bergmann Georgius Agricola (1494-1555, eigentlich Georg Bauer) in seinem Werk "De natura fossilium" erwähnt. Er bezog sich dabei auf die Funde bei Saal, dem heutigen Herrnsaal bei Kelheim. Der Nürnberger Apotheker Basilius Besler (1561-1629) bildete 1616 eine freischwimmende Seelilie (Saccocoma) über Dendriten ab. Beide Motive wurden damals noch fehlgedeutet. Abbildungen von Solnhofener Fossilien findet man außerdem in Veröffentlichungen des Altdorfer Arztes Johann Jacob Baier (1677-1735) von 1750 und des Nürnberger Kupferstechers und Kunsthändlers Georg Wolfgang Knorr (1705-1761) von 1755, an den der Name der fossilen Solnhofener Fischart Leptolepis knorri erinnert.
Im späten Mittelalter dienten Solnhofener Platten vorzugsweise als Bodenbelag für Profan‑ und Kirchenbauten. Das bekannteste Beispiel kann man in der Hagia Sophia in Istanbul betrachten. Wer dort das heutige Museum, einst die Sophienkirche, betritt, setzt seinen Fuß auf einen Bodenbelag aus Solnhofener Plattenkalk, der hier vor mehr als einem halben Jahrtausend verlegt wurde. Der Wasserweg auf der Donau (von Kelheim aus) erschloss damals dem Gestein seine Bedeutung als Exportartikel.
Die von Alois Senefelder (1796‑1798) erfundene Lithographie (Steindruck) machte Solnhofener Platten zu einem begehrten Produkt. Mit Hilfe dieses Druckverfahrens konnten Texte und Noten wesentlich preisgünstiger gedruckt werden als zuvor. Mittlerweile bat jedoch der schnellere und billigere Offsetdruck den Steindruck verdrängt.
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Dieser Text stammt aus dem Buch "Deutschland in der Urzeit" des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst.
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