Mittwoch, 24. August 2011

Stürmische Zeiten auf dem Saturn

Auf dem Ringplaneten Saturn tobt seit Dezember 2010 ein gigantisches Sturmsystem, dessen Ausläufer mittlerweile den gesamten Planeten umgürten. Ursache sind heftige Gewitter tief in der Atmosphäre des Gasplaneten.

Aus: Sterne und Weltraum, September 2011

Saturn erinnert im Fernrohr eher an ein Kunstwerk als an einen Himmelskörper. In ätherischer Ruhe schwebt die gelblichbraune Kugel inmitten ihrer eindrucksvollen Ringe. Aber unter der so ruhigen Wolkendecke geht es rasant zu, denn Winde von mehr als 1000 Kilometer pro Stunde rasen durch die Atmosphäre. Nun hat sich der scheinbar so ruhige Saturn auch an seiner Oberfläche deutlich verändert, denn ein gigantisches Sturmsystem tobt auf seinen nördlichen mittleren Breiten und wirbelt die Wolkendecke heftig durcheinander. Mittlerweile umgeben die Ausläufer des Sturms den gesamten Planeten, sozusagen beißt sich hier die Katze in den Schwanz.

Ursache dieser auch als "Großer Weißer Fleck" bezeichneten Erscheinung sind gewaltige Gewitter, die rund 250 Kilometer unterhalb der sichtbaren Oberfläche des Saturn toben, wie die Zeitschrift Sterne und Weltraum in ihrer September-Ausgabe berichtet. Sie entstehen in einer Schicht aus Wasserdampfwolken bei einem Druck von zehn bar, in diesem Bereich der Saturnatmosphäre herrschen Temperaturen wie auf der Erde. Die Gewitter sind das Ergebnis mächtiger Konvektionszellen, die ihre feuchte Fracht, die überwiegend aus Wasserdampf besteht, mehr als 250 Kilometer in die Höhe transportieren. Diese Erkenntnisse veröffentlichte ein Forscherteam um Agustín Sánchez-Lavega von der Escuela Técnica Superior de Ingeniería in Bilbao (Spanien) in der Wissenschaftszeitschrift Nature vom 11. Juli 2011. Das Team wertete Bilddaten der Raumsonde Cassini aus, die seit Juli 2004 ihre Runden im Saturnsystem zieht.

Dass es wirklich Gewitter sind, konnte eine Forschergruppe um Georg Fischer an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz belegen, deren Ergebnisse in der gleichen Ausgabe von Nature erschienen. Sie maßen mit dem Radio- und Plasmawellen-Instrument der Raumsonde Cassini ab dem 5. Dezember 2010 eine stark erhöhte Blitzaktivität auf Saturn, die sich mit der Position des an der Oberfläche sichtbaren Großen Weißen Flecks deckte. Blitze senden neben Licht auch Radiowellen aus, die sich entsprechenden Empfängern registrieren lassen. Teilweise maß Cassini rund zehn Blitze pro Sekunde, deren Radioemissionen bis zu zehntausendmal so stark waren wie vergleichbare Freisetzungen in der irdischen Atmosphäre.

Erreicht die feuchte Mischung der Gewitterzellen die Hochatmosphäre von Saturn, so kondensiert der Wasserdampf als Nebel aus und setzt dabei große Mengen an latenter Wärme frei. Das Aufwallen der feuchten Luft geschieht sehr schnell, in den tieferen Atmosphärenschichten Saturns mit mehr als 100 Metern pro Sekunde. Die nach oben geschaffte Wärme stört dann die sichtbaren Wolkenschichten auf der Saturnoberfläche, wodurch die auffälligen hellen Wolken entstehen, die den Großen Weißen Fleck bilden.

Solche gigantischen Sturmsysteme wurden in den letzten 130 Jahren systematischer Saturnbeobachtungen bislang sechsmal im Abstand von ungefähr 30 Jahren gesichtet, zuletzt im Jahr 1990. Sie treten offenbar im Zusammenhang mit den ausgeprägten Jahreszeiten des Saturn auf, der für einen Umlauf um die Sonne rund 30 Jahre benötigt.